Ein Eisensilikat aus dem Labor: Herstellung, Charakterisierung und Anwendung in der Katalyse

Gemeinsame Forschungsarbeit beider Mülheimer MPIs in Dalton Transactions veröffentlicht

Inside Front Cover - Dalton Transactions. 21 January 2021, Issue 3, Page 757 to 1128. http://xlink.rsc.org/?DOI=D0DT03125A (c) The Royal Society of Chemistry

Erste künstliche Synthese von Ferripyrophyllit unter außergewöhnlich milden Bedingungen.
Es war eine Zufallsentdeckung und ist ein Beispiel für die erfolgreiche institutsübergreifende Zusammenarbeit vom MPI für Kohlenforschung und dem MPI CEC.

Bei der Durchführung von katalytischen Reaktionen in Wasser als Lösungsmittel arbeitete Dr. Yunxiang Qiao, Postdoktorandin in der Abteilung von Prof. Leitner am MPI CEC, mit zwei verschiedenen Reaktoren. Beide Autoklaven waren aus Stählen mit einer Nickelbasislegierung (Hastelloy) gefertigt. Während bei einem Autoklav mit einer Rührwelle aus normalem V4A-Edelstahl gearbeitet wurde, nutzte man bei der zweiten Variante einen magnetischen, teflonbeschichteten Rührkern.
Aufnahmen mit einem Transmissionselektronenmikroskop (TEM) zeigten, dass nur in dem Reaktor mit der Edelstahlrührwelle eine Phasenumwandlung des SBA-15 (eine mesoporöse Form von Siliciumdioxid (SiO2)) erfolgte und ein Eisensilikat entstand. Die Substanz tauchte bis dato in keiner analytischen Datenbank auf.

Die Entdeckung dieser Phasenumwandlung durch Bernd Spliethoff in der Elektronenmikroskopie am MPI für Kohlenforschung, wurde in den letzten Jahren von beiden Mülheimer MPIs intensiv analysiert und untersucht. Dr. Qiao entwickelte dabei ein gezieltes Protokoll zur Synthese des Eisensilikats. Das erste Syntheseprotokoll für rein eisenbasierten Pyrophyllit.

Um die Struktur des Eisensilikats im Detail zu verstehen, arbeiteten verschiedene Arbeitsgruppen intensiv zusammen.
Die langjährigen Untersuchungen haben gezeigt, dass man lediglich eine Eisenquelle (bspw. Eisenpulver), eine mesoporöse SiO2-Quelle (SBA-15, MCM-41, oder einfache Kieselsäure) und Wasser benötigt, um das Eisensilikat zu synthetisieren. Zusätzlich stellte sich heraus, dass diese Reaktion unter sehr milden Bedingungen – bei 100 °C und nur unter dem Dampfdruck des Wassers – abläuft und nach Aufarbeitung leicht Reinheiten von etwa 95% erreicht werden können. Zudem ist das Eisensilikat trotz seiner filigranen Morphologie sehr temperaturstabil.Die Synthese anderer bekannter Eisensilikate erfordert Drücke von zumeist 1000 bar und deutlich höhere Temperaturen.

Dr. Eckhard Bill, Leiter des JointWorkspace am MPI CEC, leistete mittels Mößbauerspektroskopie sehr wertvolle Beiträge zur Analyse der Struktur. Darüber hinaus untersuchten mehrere Wissenschaftler*innen aus der Abteilung von Prof. Ferdi Schüth (Direktor MPI für Kohlenforschung) auch unter Beteiligung der Gruppen von Dr. Claudia Weidenthaler, Dr. Wolfgang Schmidt, und Dr. Gonzalo Prieto, das Eisensilikat. Nicht zuletzt die katalytische Testung des Materials in der Ammoniaksynthese durch Jan Folke, Postdoc in der Gruppe von Dr. Holger Ruland (Abteilung Prof. Robert Schlögl), brachte weitere bedeutende Erkenntnisse. Prof. Walter Leitner, Leiter der Abteilung Molekulare Katalyse am MPI CEC, hat die Untersuchungen wissenschaftlich begleitet und gemeinsam mit Dr. Nils Theyssen, Leiter des Technikums am MPI für Kohlenforschung, die Ergebnisse der Analysen zusammenfassend interpretiert.

Das Material ist ein vielversprechendes Katalysatorsupport-Material und darüber hinaus als Katalysator für eisenkatalysierte Reaktionen interessant. Forscher*innen der beiden Institute konnten bereits ausgewählte weitere Metalle (sowohl der Haupt- und Nebengruppen) in die Struktur einbinden. Dies ist ein wichtiger Schritt in der Katalyseforschung und insbesondere bei der Verwendung fester Katalysatoren sehr vielversprechend.

Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem Journal Dalton Transactions veröffentlicht und als Thema für das Inside Front Cover hervorgehoben.

Original Publikation: Yunxiang Qiao, Nils Theyssen, Bernd Spliethoff, Jan Folke, Claudia Weidenthaler, Wolfgang Schmidt, Gonzalo Prieto, Cristina Ochoa-Hernández, Eckhard Bill, Shengfa Ye, Holger Ruland, Ferdi Schüth, Walter Leitner (2021) Synthetic ferripyrophyllite: preparation, characterization and catalytic application. Dalton Trans., 2021,50, 850-857.
https://doi.org/10.1039/D0DT03125A