Neue Erkenntnisse über die Gestaltung adaptiver Katalysatorsysteme

Forschungsergebnisse im Journal of the American Chemical Society veröffentlicht: „Design und Verständnis adaptiver Hydrierungskatalysatoren, die durch das H2/CO2-Ameisensäure-Gleichgewicht ausgelöst werden“

 

Über das Cover: Die Hydrierungsleistung von Ruthenium-Nanopartikeln wird reversibel durch die Anwesenheit oder Abwesenheit von CO2 im H2-Einsatzgas gesteuert. Mechanistische Studien zeigen, dass die beobachtete Anpassungsfähigkeit auf dem H2/CO2-Ameisensäure-Gleichgewicht beruht, das als molekularer Auslöser wirkt. © JACS November 6, 2024, Volume 146, Issue 44

Mit der Umstellung der Produktion von Kraftstoffen und Chemikalien von fossilen auf erneuerbare Quellen werden die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Vielfalt und Variabilität der Energie- und Rohstoffversorgung allmählich deutlich. Folglich muss die Katalyseforschung innovative Lösungen finden, um der Dynamik alternativer Energiequellen gerecht zu werden und postfossile Wertschöpfungsketten zu etablieren. Dies ist besonders wichtig bei der Nutzung von „grünem“ molekularem Wasserstoff (H2) zur Umwandlung erneuerbarer Kohlenstoff-Rohstoffe in wichtige Mehrwertprodukte, darunter Kraftstoffe, Feinchemikalien, Agrochemikalien und Pharmazeutika. Mit zunehmender Betonung der Flexibilität steigt die Nachfrage nach Katalysatoren mit anpassungsfähiger Reaktivität, die bei Bedarf moduliert werden können.

Das Team für multifunktionale katalytische Systeme unter der Leitung von Dr. Alexis Bordet in der Abteilung für Molekulare Katalyse von Prof. Leitner am Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion hat kürzlich adaptive Hydrierungskatalysatoren entwickelt, die aus Ruthenium-Nanopartikeln (NPs) bestehen, die auf aminfunktionalisierten, polymergepfropften Silikaträgern immobilisiert sind. Die Hydrierungsselektivität der Katalysatoren konnte durch die reversible Bildung von Ammoniumformiat-Spezies mithilfe von CO2 als molekularem Auslöser gesteuert werden [Nat. Chem. 2021, Angew. Chem. 2023]. Ein schwer fassbarer Mechanismus, ein komplexes Katalysatordesign und die Stabilität von Ammoniumformiat schränkten jedoch die praktische Anwendung des Systems ein.

In dieser neuen Studie verwendet Dr. Yuyan Zhang – Erstautor des Papiers und Postdoktorand im Team von Dr. Bordet – mechanistische Studien und theoretische Berechnungen, um die Modulation der Katalysatorleistung durch die Anpassung des Gleichgewichts H2 + CO2 = HCOOH zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Adsorption von Ameisensäure an den silikatgestützten Metallnanopartikeln Oberflächenformiat-Spezies erzeugt, die mit funktionellen Gruppen in den Substraten um die Hydrierung an den aktiven Stellen konkurrieren. Daher wird die Hydrierung der konkurrierenden funktionellen Gruppe durch die Zugabe von CO2 zum Wasserstoff-Speisegas unterbunden und sofort nach der Rückkehr zu reinem H2 vollständig wiederhergestellt.

Auf der Grundlage dieses neuen mechanistischen Verständnisses wurden Ru-NP auf einer einfachen guanidiniumbasierten, unterstützten ionischen Flüssigphase (SILPGB) immobilisiert. Der daraus resultierende Ru@SILPGB-Katalysator wurde charakterisiert und auf die Hydrierung von aus Biomasse gewonnenem Furfuralaceton und verwandten Ketonsubstraten angewendet, wodurch das praktisch sofortige Ein-/Ausschalten der C=O-Hydrierung mit Ru@SILPGB unter H2 oder H2/CO2 bestätigt wurde. Der auf Guanidinium basierende molekulare Oberflächenmodifikator erwies sich als unerlässlich, um Ameisensäurekonzentrationen zu stabilisieren, die ausreichen, um einen Selektivitätswechsel zu beobachten, was bei Verwendung anderer Ru-basierter Referenzkatalysatoren nicht beobachtet wurde. Der Selektivitätswechsel erwies sich als robust und in Echtzeit vollständig reversibel, sodass entweder eine vollständige Hydrierung unter H2 oder eine teilweise Hydrierung unter H2/CO2 möglich war.

Diese Studie zeigt, dass die wichtigste Voraussetzung für die Entwicklung adaptiver katalytischer Systeme, die auf CO2 als Auslöser basieren, die Fähigkeit ist, das Gleichgewicht H2 + CO2 = HCOOH ausreichend zu verschieben, um die konkurrierende Adsorption von Oberflächenformiat und gezielten funktionellen Gruppen auszunutzen. Daher kann davon ausgegangen werden, dass das Konzept über Ruthenium hinaus allgemein anwendbar ist, da das aktive Metall den Weg für adaptive katalytische Systeme der nächsten Generation bei Hydrierungsreaktionen im weiteren Sinne ebnet.

Original Publikation:
Yuyan Zhang, Natalia Levin, Liqun Kang, Felix Müller, Mirijam Zobel, Serena DeBeer, Walter Leitner* und Alexis Bordet*. Design und Verständnis adaptiver Hydrierungskatalysatoren, die durch das H2/CO2-Ameisensäure-Gleichgewicht ausgelöst werden. J. Am. Chem. Soc. 2024https://doi.org/10.1021/jacs.4c06765

Weitere Informationen zur Entwicklung multifunktionaler und adaptiver Katalysatoren:
- Bordet, A., Leitner, W. Metal Nanoparticles Immobilized on Molecularly Modified Surfaces: Versatile Catalytic Systems for Controlled Hydrogenation and Hydrogenolysis. Acc. Chem. Res. 2021, 54, 2144-2157. https://doi.org/10.1021/acs.accounts.1c00013
- Zhang, Y., Bordet, A. (2024). Metal Nanoparticles on Molecularly Modified Surfaces and Their Application in Catalysis. In: Topics in Organometallic Chemistry. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/3418_2024_121
- Bordet, A., Leitner, W. Adaptive Catalytic Systems for Chemical Energy Conversion. Angew. Chem. Int. Ed. 2023, e202301956. https://doi.org/10.1002/anie.202301956​​​​​​​