Langkettige Alkohole – was steckt dahinter?
Langkettige Alkohole sind chemische Verbindungen, die eine zentrale Rolle in unserem Alltag spielen. Sie werden unter anderem in der Produktion von Tensiden für Reinigungsmittel, in Schmierstoffen, Weichmachern für Kunststoffe, Pflegeprodukten und sogar in umweltfreundlicheren Kraftstoffen verwendet. Aufgrund ihrer vielseitigen Einsatzmöglichkeiten sind sie ein unverzichtbarer Bestandteil moderner Industrie- und Konsumprodukte.
Methanol als Schlüsselrohstoff für die Zukunft
Methanol, das kleinste Alkoholmolekül, ist auch ein wichtiges Energie- und Wasserstoffträgermolekül und wird im Wandel von fossilen zu erneuerbaren Rohstoffen immer bedeutender, da es aus CO₂ und erneuerbarem H2 hergestellt werden kann. An Orten mit einem Überschuss an erneuerbarer Energie – wie Solar- oder Windparks – lässt sich Methanol in großen Mengen kostengünstig produzieren. Es kann dann einfach transportiert werden und dient an anderen Standorten als vielseitiger Rohstoff: zur Energiegewinnung, als Baustein für chemische Prozesse oder zur Herstellung von Wasserstoff. Die Abteilung Molekulare Katalyse (Prof. Walter Leitner) hat auch zuvor gezeigt, wie Methanol durch Dehydrierung als Synthesegas (CO und H2) Alternative verwendet werden kann (https://doi.org/10.1002/anie.202110910).
Eine bahnbrechende Methode zur Produktion langkettiger Alkohole
Forscher*innen des Multiphasen Katalyse Teams haben eine innovative Methode entwickelt, um Methanol zusammen mit Olefinen (einer Gruppe von chemischen Verbindungen, die aus Kohlenwasserstoffen bestehen) in langkettige Alkohole umzuwandeln. Olefine sind beispielsweise in der Erdölindustrie ein häufiger Rohstoff. Die Methode funktioniert über ein sogenanntes tandemkatalytisches Reaktionssystem. Das bedeutet, dass mehrere chemische Reaktionen in einer Art „Reaktionskette“ ablaufen, die nahtlos ineinandergreifen.
Dabei wird Methanol zuerst in Synthesegas umgewandelt, das dann mit Olefinen zusammengebracht wird, um daraus langkettige Alkohole zu bilden. Dieser Prozess nutzt zwei spezialisierte Katalysatoren – Substanzen, die chemische Reaktionen beschleunigen, ohne dabei selbst verbraucht zu werden. Die eingesetzten Katalysatoren bestehen aus Mangan- und Rhodium-Komplexen, die chemisch so angepasst wurden, dass sie die Reaktionen besonders effizient gestalten.
Genauer:
Das Multiphasen Katalyse Team hat ein Tandem-Reaktionssystem entwickelt das aus drei individuellen Schritten (sog. „Methanolierung“) besteht. Die Dehydrierung von Methanol zu Synthesegas wird mit einer Hydroformylierung und Hydrierung von Olefinen zu C+1 Alkoholen kombiniert. Auf diesem Weg wird Methanol auf eine 100% atom-effiziente Weise an das Olefin addiert. Das Reaktionssystem kombiniert zwei homogene organometallische Katalysatoren, einen Pincer-modifizierten Mangan-Komplex und einen Rhodium-Komplex, der mit einfachen Phosphin-Liganden modifiziert ist.
Warum ist das ein großer Fortschritt?
Die neue Methode ist besonders ressourcenschonend und umweltfreundlich. Hier einige Gründe, warum:
- Kosten- und Energieeffizient: Der Prozess benötigt keine Hochdruck Gas Infrastruktur oder spezielle Ausrüstung, was ihn kostengünstig, sicherer und leichter verfügbar auf einem Labor- und Industriemaßstab macht.
- Nachhaltig: Methanol, ein klimafreundlicher Rohstoff, wird vollständig in das Endprodukt eingebaut, ohne Abfall zu erzeugen.
- Präzise: Das System erzeugt bevorzugt lineare Alkohole – eine Form, die besonders nützlich und wertvoll in der Industrie ist.
Die Bedeutung für eine nachhaltige Zukunft
Mit dieser Methode könnte die chemische Industrie einen Schritt näher an die Vision einer kohlenstoffneutralen Wirtschaft heranrücken. Sie zeigt, wie grüne Energie und nachhaltige Rohstoffe in effiziente Produktionsprozesse integriert werden können. Das Projekt ist ein Beispiel dafür, wie wissenschaftliche Innovation dazu beitragen kann, fossile Ressourcen zu ersetzen und neue Wege für die Herstellung alltäglicher Produkte zu schaffen.
Das Team hofft, dass ihre Arbeit weitere Wissenschaftler*innen inspiriert, ähnliche Ansätze zu entwickeln, die den Übergang zu einer klimaneutralen Industrie beschleunigen und das Ziel „net-zero-Kohlenstoffemission“ erreichbarer machen.
Publikation:
Sebastian Stahl, Jeroen T. Vossen, Stephan Popp, Walter Leitner, Andreas J. Vorholt, “Methanolation of Olefins: Low-Pressure Synthesis of Alcohols by the Formal Addition of Methanol to Olefins” in Angew. Chem. Int. Ed. 2024, e202418984. https://doi.org/10.1002/anie.202418984