"Magnetische Induktion in chemischen Prozessen: zur Intensivierung und Anpassung an schwankende erneuerbare Energien"

Forschungsergebnisse veröffentlicht in Angewandte Chemie International Edition

Figure 1: Illustration of the approach followed in this study. a) Preparation of the ICNPs@Cu2Cr2O5 catalyst, b) activation of the catalyst through conventional heating versus magnetic induction, c) catalytic application.

Die Katalyse ist eine der grundlegenden Säulen der chemischen Industrie und wird in der gesamten Wertschöpfungskette eingesetzt, von der Herstellung von Kraftstoffen, Feinchemikalien, Agrochemikalien und Pharmazeutika. Mit dem Aufkommen alternativer erneuerbarer Energiequellen ist die ständige Weiterentwicklung von Katalysatoren und katalytischen Verfahren von entscheidender Bedeutung, um die unvermeidlichen Schwankungen bei der Stromerzeugung zu bewältigen. Insbesondere die Energieeffizienz, die Unschädlichkeit der Reaktionsbedingungen und die Anpassungsfähigkeit an eine intermittierende Energieversorgung sind Parameter von immer größerer Bedeutung. In diesem Zusammenhang bietet die magnetische Induktion die Möglichkeit, magnetische Nanokatalysatoren auf extrem lokale, schnelle und energieeffiziente Weise direkt zu erwärmen, wodurch die Notwendigkeit entfällt, die gesamte Reaktorumgebung (Lösungsmittel, Reaktorteile usw.) zu erwärmen. Dies wiederum führt zu milderen Gesamtprozesstemperaturen und geringerem Energieverbrauch. Darüber hinaus ist das schnelle Aufheizen und Abkühlen von magnetisch beheizten Nanokatalysatoren von großem Interesse, um die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Nutzung schwankender erneuerbarer Energien zu bewältigen. Während die direkte Erwärmung von Katalysatoren durch magnetische Induktion vielversprechende neue Perspektiven für die Prozessintensivierung bietet, ist die Entwicklung von katalytischen Systemen, die in der Lage sind, hohe Temperaturen unter magnetischer Induktionsaktivierung zu erreichen, besonders schwierig. Infolgedessen sind die Vorteile der magnetischen Induktion bisher nur unter Verwendung komplexer und speziell entwickelter Materialien zugänglich.

Um diese Herausforderung zu bewältigen, berichtet ein Team von Wissenschaftler*Innen unter der Leitung von Dr. Alexis Bordet, verantwortlich für die Arbeitsgruppe "Multifunktionale katalytische Systeme" in der Abteilung von Prof. Walter Leitner am MPI CEC, nun über eine innovative Strategie zur Entwicklung, Synthese und Anwendung von katalytischen Systemen, die durch magnetische Induktionserwärmung aktiviert werden. Durch die Kombination von Fachwissen über magnetische Nanopartikel und nanopartikelbasierte Katalyse (Arbeitsgruppe "Multifunktionale katalytische Systeme", MPI CEC) sowie chemische Verfahrenstechnik (Arbeitsgruppe "Mehrphasenkatalyse" unter der Leitung von Dr. Andreas J. Vorholt, MPI CEC) gelang es dem interdisziplinären Forschungsteam erstmals, einen kommerziellen heterogenen Katalysator mit magnetischen Heizfähigkeiten auszustatten. Das daraus resultierende multifunktionale katalytische System wurde in einer kontinuierlich betriebenen Flüssigphasen-Hydrierungsreaktion eingesetzt und zeigte dabei eine hervorragende Stabilität und Toleranz gegenüber intermittierender Energieversorgung.

Die kürzlich in der Angewandten Chemie International Edition veröffentlichte Studie zeigt, dass es möglich ist, selbst heterogene Standardkatalysatoren auf einfache und vielseitige Weise mit neuen physikalischen Eigenschaften zu versehen. Diese Strategie sollte leicht auf eine breite Palette von heterogenen Katalysatoren und Umwandlungen übertragbar sein und so den Weg zur Entwicklung (oder Modifizierung) von katalytischen Systemen und Prozessen ebnen, die den aktuellen gesellschaftlichen Erwartungen in Bezug auf Energieeffizienz und Nutzung fluktuierender erneuerbarer Energien gerecht werden können.

 

Wissenschaftliche Details:

Die Wissenschaftler*innen haben einen multifunktionalen Hydrierungskatalysator hergestellt, der aus handelsüblichem Cu2Cr2O5 besteht, das mit ferromagnetischen Eisencarbid-Nanopartikeln dekoriert ist und eine hervorragende Induktionsheizleistung aufweist (allgemein definiert durch die spezifische Absorptionsrate, SAR, des aufnehmenden Materials). Das so entstandene multifunktionale ICNPs@Cu2Cr2O5 -Katalysatorsystem wurde für die selektive Hydrierung verschiedener aromatischer Ketone zu aromatischen Alkoholen eingesetzt, eine Umwandlung, die für die Konversion von biogenen Rohstoffen sowie für die Herstellung von Feinchemikalien und Pharmazeutika eine wichtige Rolle spielt. Aktiviert durch magnetische Induktion, hydrierten ICNPs@Cu2Cr2O5 effektiv eine Reihe von benzylischen und nicht-benzylischen Ketonen unter milden Bedingungen (~ 80°C, 3 bar H2, Heptan) dank lokaler Hot Spots, die von den ICNPs an der Cu2Cr2O5-Oberfläche erzeugt wurden. Im Gegensatz dazu erwiesen sich ICNPs@Cu2Cr2O5 und Cu2Cr2O5 bei herkömmlicher Beheizung unter ähnlichen Bedingungen als inaktiv. Recycling- und Langzeitexperimente, die unter Batch- (10 Zyklen) und kontinuierlichen Durchflussbedingungen (17 Stunden) durchgeführt wurden, zeigten die ausgezeichnete Wiederverwendbarkeit und hohe Langzeitstabilität des ICNPs@Cu2Cr2O5-Katalysators.

Künftige Studien werden darauf abzielen, dieses Konzept zu erweitern und das Potenzial der magnetisch induzierten lokalen Erwärmung für die Entwicklung multifunktionaler katalytischer Systeme mit schaltbarer und adaptiver Reaktivität zu untersuchen.

 

Original Paper: H. Kreissl, J. Jin, S.-H. Lin, D. Schüette, S. Störtte, N. Levin, B. Chaudret, A. J. Vorholt, A. Bordet, W. Leitner, Commercial Cu2Cr2O5 Decorated with Iron Carbide Nanoparticles as a Multifunctional Catalyst for Magnetically Induced Continuous-Flow Hydrogenation of Aromatic Ketones. Angew. Chem. Int. Ed. 2021, 60, 2–10. https://doi.org/10.1002/anie.202107916

Weitere Informationen über ICNPs und magnetische Induktionserwärmung: A. Bordet, L.-M. Lacroix, P.-F. Fazzini, J. Carrey, K. Soulantica, B. Chaudret, Magnetically Induced Continuous CO2 Hydrogenation Using Composite Iron Carbide Nanoparticles of Exceptionally High Heating Power. Angew. Chem. Int. Ed. 2016, 55, 15894-15898. https://doi.org/10.1002/ange.201609477

 

Funding acknowledgement

  • Deutsche Forschungsgemeinschaft (German Research Foundation) under Germany ́s Excellence Strategy – Exzellenzcluster 2186 ‘The Fuel Science Center’ (ID: 390919832)
  • Max-Planck-Gesellschaft (Max Planck Society)