Stabilisierung von Intermediate-Spinzuständen in gemischtvalenten zweikernigen Eisen-Dichalkogen-Komplexen
Justin T. Henthorn, George E. Cutsail III, Thomas Weyhermüller and Serena DeBeer
Mehrkernige Eisen-Schwefel- Komplexe sind sowohl in der Natur als auch in der Chemischen Industrie von großer Bedeutung. Die Eisenatome in diesen Metallclustern kommen in verschiedenen Oxidationsstufen vor, die von der Anzahl von Elektronen am Eisenatom abhängt. Jedes ungepaarte Elektron in den Eisenzentren verhält sich wie ein kleiner Magnet, und alle zusammen erzeugen ein bestimmtes magnetisches Moment, das Gesamtspin genannt wird.
Der Gesamtspin der durch Wechselwirkung mehrerer Eisenzentren erzeugt wird kann im Labor gemessen werden. Die Bestimmung des Spinzustandes dieser Metallkomplexe ist von großer Bedeutung, da dieser darüber entscheidet auf welche Weise der Komplex mit anderen Molekülen chemische Reaktionen eingeht. In zweikernigen Eisenkomplexen bei denen die Eisenzentren unterschiedliche Oxidationsstufen besitzen und damit auch unterschiedlichen Spin haben, wird der Gesamtspin dadurch bestimmt wie die beiden Eisenzentren mit einander interagieren. Alle bisher bekannten Beispiele folgen dabei den Regeln einfacher Addition oder Subtraktion. Für Eisendimere würde es demnach nur zwei Lösungen geben, 2.5 + 2.0 = 4.5 oder 2.5 – 2.0 = 0.5. Quantenphysik und -chemie sagen jedoch vorher, dass solche Eisendimere auch stabile Spinzustände zwischen diesen Extremen annehmen können.
Die Autoren Justin Henthorn und George Cutsail berichten in Nature Chemistry über die ersten Übergangsmetalldimere die diese einfachen Regeln brechen. Sie demonstrieren an einer Serie von Eisendimeren, dass durch Austausch des verbrückenden Schwefels durch schwerere Selen- (Se) oder Telluratome (Te) einzigartige physikalische Eigenschaften erhalten werden. Durch Anwendung verschiedener Spektroskopien, magnetischen Messungen und quantenchemischen Rechnungen können Henthorn und Cutsail zeigen wie Se und Te substituierte Dimere neue Spinzustände zu stabilisieren vermögen. Das brechen der einfachen Regeln führt zu sogenannten Intermediate-Spinzuständen innerhalb der bisherigen Grenzen 0.5 und 4.5. Die Studie berichtet über die erstmalige Herstellung und Charakterisierung eines Intermediate-Spinzustandes von zweikernigen Übergangsmetallkomplexen, der kleinstmöglichen Einheit.
Das grundlegende Verständnis der physikalischen Eigenschaften ist der Schlüssel um die verschiedensten chemischen Reaktionen dieser Moleküle zu verstehen. Eisen-Schwefel-Komplexe sind in allen Lebensformen für äusserst wichtige chemische Reaktionen verantwortlich. Die neuen Komplexe mit ihren einzigartigen Eigenschaften dienen als geeignete Modelle, um die natürlichen Eisen-Schwefel-Komplexe besser zu verstehen. Darüber hinaus werden solche magnetischen Moleküle zur möglichen Verwendung in Quantencomputern untersucht. Die Untersuchung dieser bislang unzugänglichen Spinzustände zweikerniger Metallkomplexe eröffnet Wege um neue Komplexe mit interessanten Eigenschaften zu entwickeln.
Original Publikation: Justin T. Henthorn*, George E. Cutsail III*, Thomas Weyhermüller and Serena DeBeer. Stabilization of intermediate spin states in mixed-valent diiron dichalcogenide complexes. Nature Chemistry https://www.nature.com/articles/s41557-021-00853-5