Bahnbrechender Nachweis einer neuartigen NOS-Brücke in Lösung

Neuartige intramolekulare Verknüpfung in einem Protein in Lösung mittels Schwefel-K-Kanten-XAS

Die Grafik zeigt den Übergang des Schwefel-1s-Elektrons zum unbesetzten σ*-Orbital der S-O-Gruppe in der NOS-Brücke mithilfe eines Röntgenstrahls im oxidierten Zustand von Neisseria gonorrhoeae.

Ashish Tamhankar präsentiert seine Arbeit in dem LUCIA a 20 ans Workshop am Synchrotron SOLEIL.

Ashish Tamhankar, Doktorand in der Abteilung für Anorganische Spektroskopie, veröffentlichte kürzlich seine erste Erstautorenarbeit im Journal of Physical Chemistry Letters, zusammen mit einem begleitenden Titelbild für das Journal. Zudem hatte er die Gelegenheit, seine Forschung in dem LUCIA a 20 ans Workshop am Synchrotron SOLEIL in Frankreich zu präsentieren.

Die Arbeit war ein Gemeinschaftsprojekt des Max-Planck-Instituts für Chemische Energiekonversion, des Max-Planck-Instituts für multidisziplinäre Wissenschaften, des IIT Roorkee und des Synchrotrons SOLEIL.

Im Mittelpunkt der Arbeit stand eine neuartige kovalente posttranslationale Verknüpfung zwischen Aminosäuren, die vor kurzem im Enzym Transaldolase von Neisseria gonorrhoeae, dem Erreger der Gonorrhoe, entdeckt wurde. Bei der intramolekularen Bindung handelt es sich um eine Lys-NOS-Cys-Brücke, die durch Oxidation der Amin-Seitengruppe eines Lysins und des Thiols eines Cystein-Rests gebildet wird und als allosterischer Redox-Schalter wirkt. Die oxidierten und reduzierten Röntgenkristallstrukturen der Proteine deuteten auf einen Sprungfeder-Mechanismus hin, bei dem sich eine strukturelle Entspannung bei Redoxaktivierung von der regulatorischen allosterischen Lysin-Cystein-Redoxschalterstelle an der Proteinoberfläche zur aktiven Stelle im Proteininneren ausbreitet. In weiteren Studien wurde der NOS-Schalter in Kristallstrukturen verschiedener Systeme und Organismen, einschließlich SARS-CoV-2, identifiziert. Er spielt daher möglicherweise eine wichtige Rolle bei der Regulation, der zellulären Abwehr und der Replikation. Obwohl die chemische Identität der NOS-Brücke durch die Proteinkristallographie mit einer Auflösung von weniger als einem Ångström eindeutig nachgewiesen werden konnte, wurde ihre Existenz in Lösung bisher nie direkt nachgewiesen.

Festkörpertechniken (Röntgenbeugung und Röntgenkristallographie) sind bei der Analyse von dynamischen Systemen wie Proteinen sehr begrenzt. Bei der Röntgenkristallographie können Proteine in bestimmten Konformationen gefangen sein, wodurch ihr dynamisches Verhalten möglicherweise verdeckt wird. Um strukturelle Veränderungen im Protein zu vermeiden und die Einschränkungen der Festkörpertechniken zu umgehen, haben die Wissenschaftler*innen das Protein in Lösung, und damit vollständig und natürlich gefaltet, untersucht, um die NOS-Brücke nachzuweisen.
In dieser Studie präsentieren die Wissenschaftler*innen den ersten Nachweis der NOS-Brücke in Lösung mittels Schwefel-K-Kanten-XAS. Die spektralen Verschiebungen aufgrund von Veränderungen in der lokalen Schwefelumgebung liefern direkte experimentelle Beweise für das Vorhandensein der NOS-Brücke im oxidierten Zustand in Lösung, was bisher nur kristallographisch nachgewiesen werden konnte. Diese experimentellen Beobachtungen werden durch systematische TDDFT (zeitabhängige Dichtefunktionaltheorie) Berechnungen und Computeranalysen der Schwefel-K-Kanten-XAS unterstützt. Die hier vorgestellte Detektion des NOS-Redoxschalters im Protein in Lösung beruht auf einer elementspezifischen Technik, die keine Kristallisation erfordert und somit eine Analyse der Enzymaktivitätsregulierung unter physiologisch relevanten Bedingungen mit höherem Durchsatz ermöglicht, was neue Wege in der Arzneimittelentdeckung, bei biokatalytischen Anwendungen und beim Proteindesign eröffnen könnte, mit weiteren biologischen Implikationen im Zusammenhang mit Redox-Signalen, oxidativem Stress und vielen menschlichen Krankheiten.

Original Publikation: 
Ashish Tamhankar, Marie Wensien, Sergio A. V. Jannuzzi, Sayanti Chatterjee, Benedikt Lassalle-Kaiser, Kai Tittmann, and Serena DeBeer
The Journal of Physical Chemistry Letters 2024 15 (16), 4263-4267
DOI: 10.1021/acs.jpclett.4c00484